Nach neun Monaten intensiver Arbeit in "La Carolingia" und bevor wir unsere Rückreise im August in unsere Heimat antreten, wollen wir eine ganz andere Seite Guatemalas kennenlernen. Dafür bleibt uns allerdings nur einen Monat Zeit. Neben vier weiteren Projekten in diesem Land unterstützt die Jürgen Wahn Stiftung (JWS) zudem eine Sekundarschule inmitten des Regenwaldes. Diese Einrichtung, getauft "Nueva Esperanza", wurde von einem südafrikanischen Paar, Greg und Helaine Walton, vor fünf Jahren gegründet und befindet sich abseits von jeglicher Zivilisation. Für weitere Informationen verweisen wir auf unseren Projektbericht.
Ende Mai ergibt sich die Gelegenheit mit einem kleinen Flugzeug nach "Nueva Esperanza" zu fliegen. Die Alternative wäre ein mühsamer Zweitagestrip per Bus, Pickup und zu Fuss. Diese Möglichkeit kommt für uns aufgrund der Schwangerschaft von Tanja nicht in Betracht. Trotz unserer Propellerflugzeugerfahrung (Nazcalinien in Peru) ist die Anspannung dennoch gross. Nach 40 Minuten Durchschütteln in der Luft erleben wir eine wahrliche "Crocodile Dundee"-Landung. Bereits aus der Höhe werden wir von der Schönheit dieser Region beeindruckt: Natur pur! Am Landeplatz (kleine Steinpiste in den Bergen!) empfangen uns Greg, Zulu (der Wachhund) und viele Einheimische.
Die ersten Tage nutzen wir, um uns zu aklimatisieren und das Projektgeschehen kennenzulernen. Unter anderem muss sich Tanja ein paar lange Röcke von Helaine aussuchen, da Hosen bei Frauen aufgrund der Indígena-Kultur ungern gesehen werden. Schnell wird uns bewusst, wie sehr wir uns nach Ruhe, Sicherheit und Natur gesehnt haben. Keine lauten Busse, keine Schiessereien, keine Gewalt und saubere Luft. Nur am 31. Mai (Dorffest) wird die ganze Nacht bis sieben Uhr morgens mit lauter Musik (Marimba) gefeiert, sodass unser Schlaf ziemlich leiden musste.
Die darauffolgende Woche fangen wir mit dem Unterrichten an. Tanja klärt die wenigen jungen Frauen in Sexualkunde auf und Christian bereitet die SchülerInnen zu der bald entstehenden "Rincon de computadoras" mit Computerunterricht vor. In Abendkursen entwickelt er auch das Vertrauen von den guatemaltekischen Lehrer zu diesen Geräten.Da wir beide diese Kurse schon in "La Carolingia" gegeben haben, können wir hier in "Nueva Esperanza" unser vorbereitetes Material erneut einsetzen, was uns die Arbeit erleichtert. Zudem geben wir in allen Klassen Länderkunde (Schweiz und Deutschland). Die SchülerInnen weisen ein sehr motiviertes und diszipliniertes Lernverhalten auf, was das Unterrichten relativ einfach macht. Allgemein haben wir einen sehr angenehmen Eindruck von den Menschen hier. Zwar verhalten sie sich "Weissen" gegenüber zurückhaltend, aber dennoch stets freundlich und respektvoll.
Der zweijährige Geburtstag vom Dorf "San Antonio - Nueva Esperanza" steht vor der Tür. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren. Am 11. Juni wird mit einer Prozession, an denen unter anderen die Primar- und Sekundarschule teilnehmen, die Festlichkeit eröffnet. Zwei buntgeschmückte Pickups (Autos sind eine Seltenheit!), die frischgekürte Dorfkönigin sowie viele Kinder in ihren farbenprächtigen Trachten durchqueren das Dorf. Anschliessend folgen auf dem "Plaza" der Grundschule einige Ansprachen und die Nationalhymne. Feiern ohne Marimbamusik kann man sich hier nicht vorstellen. Eine weitere fast schlaflose Nacht steht bevor. Am darauffolgenden Tag steht die Schule im Rampenlicht. Das "Colegio La Libertad" wird in "Instituto Mixto de Educación Básica por Cooperativa de Enseñanza" umgetauft. Viele Einheimische nutzen dieses Ereignis, um die Vorbildschule genauer kennenzulernen.
In unserer letzten Arbeitswoche vertreten wir zusätzlich zu unserem laufenden Unterricht eine fehlende Lehrerin, erledigen administrative Arbeiten für Greg (z.B. Stundenplanerstellung) und sammeln Informationen für unseren Projektbericht.
Mit vielen neuen Eindrücken und Erlebnissen aus einer für uns total verschiedenen Welt verlassen wir nun dieses Projekt und diese wunderschöne Region. Nach einem kurzen Zwischenstop in der "Ciudad" werden wir unseren letzten Urlaub antreten. Dieses Mal bereisen wir Brasilien. Gut erholt
und mit Kugelbauch werden wir im August in unsere Heimat (welche es auch sein wird) zurückkehren.
¡Hasta muy pronto!
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